Immobilie fürs Enkelkind: So sichern Sie die Wohnzukunft Ihrer Enkel.
Autor: Heinz-Josef Simons
Eltern wollen für ihre Kinder nur das Beste – und Großeltern für ihre Enkel erst recht. Nicht selten richten Oma und Opa schon zur Geburt des Enkelkindes das klassische Sparbuch ein. Andere Großeltern bevorzugen Einlagenprodukte wie Tages- und Festgeldkonten oder aber investieren in Aktienfonds- oder ETF-Sparpläne. Wer indes Wert darauf legt, dass Enkel oder Enkelin später ein Dach über dem Kopf hat und fürs Wohnen keine Miete zahlen muss, der schenkt dem Mitglied der übernächsten Generation eine Immobilie. Wie Sie hierbei am besten vorgehen, verraten wir im Folgenden.
Das Eigenheim der Großeltern fürs Enkelkind.
Ob nun 400.000 Euro wert oder gleich eine glatte Million Euro – für viele Menschen sind die eigenen vier Wände mehr als nur ein profaner Posten in der eigenen Vermögensbilanz. Insbesondere für die Generation 50 + ist das Eigenheim gleichbedeutend mit großen Gefühlen.
Hier wurde vor etlichen Jahrzehnten die Familie gegründet. Hier wuchsen die Kinder auf. Hier wurden runde Geburtstage gefeiert. Hier wurden die Bewohner älter, und hier wollen die Bewohner alt werden. Somit ist die Immobilie eine mit Emotionen aufgeladene Institution, die keinesfalls verkauft werden darf. Selbst wenn dies wirtschaftlich vernünftiger wäre.
Möglich wäre zum Beispiel die Weitergabe des Eigenheims an Enkelin oder Enkel – selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass die vorherige Generation, also das eigene Kind und dessen Partner bzw. Partnerin, einverstanden ist. Zudem gebietet es nicht allein die Fairness, dass Sohn oder Tochter ebenfalls ihren Anteil am Vermögen der Eltern erhalten.
Angenommen, all dies ist geregelt: Dann dürfte die Übertragung des Eigenheims auf das Enkelkind gleich in doppelter Hinsicht sinnvoll sein. Zum einen emotional gesehen, da die eigenen vier Wände langfristig in der Familie bleiben können. Zum anderen auch wirtschaftlich betrachtet, weil das Enkelkind im Zweifelsfall bereits während seines Studiums mietfrei wohnen kann, spätestens jedoch zu Beginn des Berufslebens.
Was ist bei einer Schenkung einer Immobilie an die übernächste Generation zu beachten?
Vermögensübertragungen – so lautet der allgemeine Begriff für „Erbschaften“ und „Schenkungen“ – müssen immer von einem Notar begleitet werden. Dieser setzt den notariellen Schenkungsvertrag auf. Aber auch die Beratung eines Steuerberaters und/oder Anwalts vorab kann sinnvoll sein. Das gilt insbesondere für den Fall, dass das Vermögen oder Teile des Vermögens an die Enkelkinder weitergegeben werden soll. Die Gründe sind so einfach wie plausibel:
- Eine Immobilienschenkung ist, unabhängig vom Alter des Begünstigten, rechtlich komplizierter als etwa die Weitergabe von Geldvermögen auf einem Tages- oder einem Festgeldkonto.
- Schenkungen erfolgen oft vor Volljährigkeit des Enkelkindes. Da die Eltern in diesem Fall die sogenannten gesetzlichen Vertreter des Kindes sind, sollten deren Rechte und Pflichten im notariellen Schenkungsvertrag genau geregelt werden.
- Schenken die Großeltern dem Enkel das Eigenheim, sollte – falls gewünscht – eine vertragliche Vereinbarung über ein sogenanntes lebenslanges Wohnrecht von Oma und Opa sowie ein entsprechender Grundbucheintrag vorgenommen werden.
- Wird eine Investment-Immobilie verschenkt, etwa eine vermietete Wohnung, sollten vertragliche Vereinbarungen insbesondere darüber getroffen werden, wem die Mieteinnahmen bis wann zustehen und wer anfallende Reparaturen und Modernisierungen zahlt.
- Schließlich sollten im Notarvertrag auch Vorkehrungen für zwei eher betrübliche Fälle getroffen werden. Nämlich: Die Eltern des Enkelkindes lassen sich scheiden oder das bereits volljährige Enkelkind zeigt sogenannten „groben Undank“.
Schenkung des Eigenheims.
Die Großeltern haben sich entschieden, ihr Reihenhaus, in dem sie die vergangenen 30 Jahre gelebt haben, dem Enkel zu übertragen. Eine noble Geste, weil die Immobilie praeter propter eine halbe Million Euro wert ist. Diese Vermögensübertragung bedarf rechtlicher Beratung und eines notariellen Vertrags. Denn die Großzügigkeit zielt in die weitere Zukunft.
Zum einen ist der Enkel momentan noch minderjährig, was den Einzug ins geschenkte Heim vorerst unrealistisch macht. Andererseits wollen Opa und Oma noch ein paar Jahre im Haus wohnen bleiben, um sich dann – falls es die Gesundheit der beiden zulässt – etwas kleiner zu setzen, wie es so schön heißt.
In dem Fall können die Großeltern entweder ein lebenslanges Wohnrecht oder einen sogenannten Nießbrauch vereinbaren. Beim Wohnrecht gilt: Nomen est omen. Oma und Opa leben so lange in ihrer gewohnten Umgebung, wie sie mögen. Zudem tragen sie, ebenfalls notariell vereinbart, die Bewirtschaftungskosten des Hauses sowie Ausgaben für Reparaturen & Co.
Ein Nießbrauch verschafft den Großeltern noch mehr Freiraum als ein (lebenslanges) Wohnrecht. Denn dieser Fachbegriff besagt, dass Oma und Opa die Immobilie nach ihrem Gusto nutzen dürfen – entweder, indem sie selbst darin wohnen, oder indem sie sie vermieten. Wichtig: Großeltern sollten darauf achten, dass Wohnrecht oder Nießbrauch für den Längstlebenden der beiden Partner gilt.
Übrigens: Auch in steuerlicher Hinsicht ist die Übertragung von Vermögenswerten an die nächste und erst recht an die übernächste Generation relevant. Ist das Enkelkind Begünstigter einer Vermögensübertragung, steht ihm ein steuerlicher Freibetrag von 200.000 Euro zu. Gehört der Vermögenswert, was bei Immobilien häufig der Fall ist, beiden Schenkenden, so verdoppelt sich der Freibetrag auf 400.000 Euro. In unserem Beispiel ist das Reihenhaus der Großeltern 400.000 Euro wert, sodass das Enkelkind die Schenkung steuerfrei erhält.
Ist die Immobilie – angenommen – 600.000 Euro wert, bieten sich zwei steuerliche Gestaltungen an. Entweder die Großeltern übernehmen die fällige Schenkungssteuer. Oder sie entscheiden sich für eine sogenannte Kettenschenkung. Diese ist legal, aber sollte sehr sorgfältig mithilfe eines erfahrenen Steuerberaters umgesetzt werden. Denn insbesondere bei Kettenschenkungen vermutet die Finanzverwaltung oft steuerlichen Gestaltungsmissbrauch und schaut deshalb sehr genau hin. Zu erwähnen ist hierbei, dass der Nießbrauch bzw. das Wohnrecht den Wert der verschenkten Immobilie beeinflussen kann.
Schenkung einer Mietimmobilie.
Die Vorgehensweise ähnelt in weiten Teilen jener bei der Übertragung des Eigenheims. Mit dem Unterschied, dass die Vereinbarung eines Wohnrechts für die schenkenden Großeltern entfällt.
Notariell vereinbart werden sollte deshalb ein Nießbrauch. Heißt: Großvater und Großmutter bekommen die Mieteinnahmen und kümmern sich operativ um die Wohnung. Falls diese kreditfinanziert ist und rechtzeitig zur Volljährigkeit des Enkelkindes schuldenfrei sein soll, bestreiten die Großeltern aus den Mieteinnahmen die Tilgung sowie Zinsen. Aus dem Miettopf werden ebenfalls die Ausgaben für Reparaturen, Modernisierungen oder eine Sanierung bezahlt.
Steuerlich gilt dasselbe wie beim Übertrag des selbstgenutzten Hauses. Falls die Wohnung unter 400.000 Euro wert ist, bleibt der Enkel unter dem steuerlichen Freibetrag bei Schenkungen. Falls es sich bei der Immobilie jedoch um ein schickes Loft mit Dachterrasse und allem möglichen Schnickschnack handelt, sodass die 400.000 Euro überschritten werden, sind auch hier Übernahme der Schenkungssteuer durch die Großeltern oder eine Kettenschenkung eine Überlegung wert. Der Wert der Immobilie kann dabei durch den Nießbrauch beeinflusst werden und somit ein entscheidender Faktor hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Immobilie sein.
Scheidung und grober Undank – Strategien für den Ernstfall.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2024 rund 129.000 Ehen in Deutschland geschieden. Ganz so unwahrscheinlich ist es also nicht, dass die Großeltern irgendwann über die gescheiterte Ehe ihres Nachwuchses informiert werden. Dumm nur, dass beide ehemalige Partner die gesetzlichen Vertreter des noch minderjährigen Enkelkindes sind, dem die Großeltern ihr Eigenheim respektive eine Mietimmobilie geschenkt haben.
Empfehlenswert ist somit, schon bei der Vermögensübertragung im Notarvertrag diesen Fall zu regeln. Grundsätzlich gilt: Eltern sind als gesetzliche Vertreter ihres zuvor beschenkten Kindes ausgeschlossen, sobald gegensätzliche Interessen zwischen den Eltern einerseits und dem Kind auf der anderen Seite vorliegen. Bei einer Scheidung könnte dies durchaus der Fall sein.
Grober Undank des (beschenkten) Enkels wiederum ist ein Grund, um die vorherige Vermögensübertragung rückgängig zu machen – und zwar unabhängig von der früheren notariellen Vereinbarung. Die Causa „Grober Undank“, verankert im § 530 des BGB, wurde in einem Urteil des BGH noch einmal konkretisiert. Zitat: „Das Widerrufsrecht des Schenkers wegen groben Undanks des Beschenkten knüpft an die Verletzung der Verpflichtung zu einer von Dankbarkeit geprägten Rücksichtnahme auf die Belange des Schenkers an, die dieser vom Beschenkten erwarten darf.“
Heißt im Klartext: Das Enkelkind als Beschenkter muss zwar nicht vor lauter Dankbarkeit auf den Knien rutschen, aber es hat sich gefälligst zu benehmen – gegenüber den Großeltern und auch den Eltern. Denn grober Undank kann sein:
- Bedrohung des Lebens oder körperliche Misshandlung des Schenkers oder naher Angehöriger
- Schwere Beleidigungen
- Grundlose Strafanzeige
- Grundloser Antrag auf Bestellung eines Betreuers
Enkelkindern einen guten Start ins Erwachsenenleben ermöglichen – aber mit Bedacht.
Falls die Großeltern finanziell dazu in der Lage sind, kann es durchaus sinnvoll sein, dem Enkelkind durch die frühe Schenkung einer Immobilie den Start in den hinlänglich zitierten Ernst des Lebens zu ermöglichen. Denn mietfreies Wohnen oder zusätzliche Einnahmen während des Studiums sind eine solide wirtschaftliche Basis, damit sich das Enkelkind auf den beruflichen Werdegang und/oder die Familiengründung konzentrieren kann.
Zugleich sei vor überhasteten Entscheidungen gewarnt. Denn insbesondere Vermögensübertragungen an die übernächste Generation bedürfen einer sorgfältigen Planung sowie des Beistands durch Rechtsanwalt, Notar und Steuerberater.
Über den Autor.
Heinz-Josef Simons, Jahrgang 1956, arbeitet seit gut 30 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist, überdies seit rund zehn Jahren als Kommunikationsberater.
Nach seinem Magister-Abschluss an der RWTH Aachen in den Fächern Germanistik, Anglistik und Politische Wissenschaft waren die ersten beruflichen Stationen Mitte der 1980er Jahre der Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen (Pressesprecher) sowie bis Mitte der 1990er Jahre einer der größten deutschen Finanzvertriebe (Kommunikationschef und Redenschreiber).
Seit Mitte der 1990er Jahre arbeitet er frei. Geschrieben hat er unter anderem für Financial Times Deutschland, Börse Online, das frühere Verbrauchermagazin DM, GeldIdee, Impulse, Capital, Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel, Immobilien Manager und zahlreiche andere.