Das Geheimnis der Geldanlage: klug gestreut statt bereut.
Der Ruhestand naht – und mit ihm die Frage, wie Ihr Vermögen sicher und ertragreich angelegt bleibt. Die Lösung: breite Streuung. Wer clever diversifiziert, reduziert Risiken und sorgt für stabile Erträge. Erfahren Sie, welche Strategien jetzt wichtig sind.
Für die Generation 50+ ist die strategisch geschickte Geldanlage mitunter eine Herausforderung. Der wohlverdiente Ruhestand rückt näher – zumindest gefühlt. Und wenn es soweit ist, sollen die Früchte der Geldanlage – also Kursgewinne, Zinsen, Dividenden sowie Fondsausschüttungen und eventuell Mieteinnahmen – die gesetzliche Rente aufbessern.
Da sollte, ja, da darf schon heute mit den Investments nicht viel schiefgehen, am besten gar nichts. Denn gerade im Herbst des Lebens sind Verluste sehr schmerzhaft, weil sie oft kaum noch aufzuholen sind. Wer Heulen und Zähneknirschen zehn Jahre vor dem Rückzug aus dem Erwerbsleben vermeiden möchte, diversifiziert seine Investments. So lassen sich Risiken minimieren und Verluste vermeiden. Nach dem Motto: breit gestreut statt bereut.
Über Eier und einen „free lunch“.
„There is no free lunch“ – das ist ein bekannter Grundsatz unter Ökonomen und bedeutet: Ein völlig risikofreier Gewinn ist an den Kapitalmärkten nicht zu haben. Gleichwohl lassen sich die Risiken bei der Geldanlage deutlich verringern. Das ist vor allem entscheidend für Menschen, die die 50 mehr oder weniger deutlich überschritten haben und deren Vermögen auch im Alter für ein kommodes Leben sorgen soll. Kluge Streuung bringt Anleger dem Ideal eines sicheren Ertrags näher. Wer nicht alle Eier in einen Korb legt, schützt sein Vermögen besser vor Turbulenzen.
Übrigens: Die Redewendung mit den Eiern stammt von Miguel de Cervantes – bekannt aus einem Klassiker der Weltliteratur. Hätten Sie es gewusst?
Sonnencreme und Regenschirm.
Jeder Geschäftsmann weiß: Sobald er nur ein einziges Produkt im Angebot hat, besteht ein gewaltiges Risiko. Ein Beispiel aus dem Alltag: Wer für die Ostseeinsel Rügen schwärmt, wird seinen Urlaub vielleicht auch schon mal in der Gemeinde Binz verbracht haben. In der dortigen Fußgängerzone reiht sich ein Geschäft an das andere. Die Läden mit allem möglichen Krimskrams für Touristen bieten während der Urlaubssaison Sonnencreme und Sonnenbrillen, doch auch Gummistiefel und Schirme. Heißt: Ob Sonne oder Regen, die Chance auf Umsatz ist vergleichsweise groß. Hätte ein Laden ausschließlich Schirme und Gummistiefel, würde bei tollem Wetter mit einiger Wahrscheinlichkeit so gut wie nichts verkauft.
Genauso funktioniert erfolgreiche Geldanlage: Ein Portfolio sollte so aufgebaut sein, dass es in jeder Marktlage Bestand hat. Diversifikation bedeutet, das Vermögen auf verschiedene Anlageklassen zu verteilen, um stabil durch jede Finanzwetterlage zu kommen.
Möglichkeiten zur Diversifikation.
Eines der wichtigsten Ziele des Vermögensaufbaus während des Erwerbslebens ist laut zahlreicher Umfragen: die gesetzliche und bisweilen auch betriebliche Altersversorgung so anzureichern, dass der bis dato gewohnte Lebensstandard beibehalten werden kann. Die rechtzeitige Diversifikation der Geldanlage ist dafür ein wichtiger Baustein.
Es gibt dabei eine Reihe unterschiedlicher Möglichkeiten. Wichtig: Je breiter eine solche Streuung gestaltet wird, desto geringer ist – so jedenfalls die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte – die Gefahr größerer Verluste. Und genau darauf kommt es insbesondere bei den Investments der Generation 50 + an.
Die mit Abstand wichtigste Variante der Diversifikation für die Generation 50 + ist die Streuung über unterschiedliche Anlageklassen. Von eher untergeordneter Bedeutung ist eine Diversifizierung im Hinblick auf Länder und Währungen sowie bei den Branchen. Der Vollständigkeit halber werden sie an dieser Stelle deshalb nur kurz erwähnt.
Anlageklassen: Die richtige Mischung machtʹs.
Nach Recherchen des Wirtschaftsmagazins Business Insider erhalten sage und schreibe nur 65 Menschen in Deutschland die höchstmögliche Rente. Diese beträgt seit Juli des vergangenen Jahres 3.445 Euro brutto im Monat. Davon abgezogen wird – auf Basis der sogenannten nachgelagerten Besteuerung – die Einkommensteuer. Somit bleiben, abhängig von der Lebenssituation des Ruheständlers, zwischen 2.000 und 3.000 Euro im Monat übrig.
Diese Top-Rente erhält jedoch nur, wer in den 45 Jahren vor Beginn des Ruhestands ununterbrochen mehr als die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der gesetzlichen Rentenversicherung verdient hat. Diese beträgt derzeit 96.600 Euro. Die BBG ist in der Vergangenheit Jahr um Jahr entsprechend der Teuerungsrate gestiegen und wird dies auch in Zukunft tun. Wie schwierig es ist, mit seinem Einkommen die BBG ausnahmslos jedes Jahr zu toppen, zeigt demnach die Tatsache, dass derzeit eben nur 65 Menschen in Deutschland die Höchstrente erhalten.
Mag sein, dass diese Personen auf private Altersversorgung nicht angewiesen sind und deshalb getrost auf Kapitaleinkünfte und sonstige Vermögenserträge verzichten können. Doch der große Rest – mehr als 26 Millionen Menschen, die derzeit eine gesetzliche Rente beziehen – ist auf Zinsen, Dividenden & Co. angewiesen, sofern sie keine Abstriche am gewohnten Lebensstandard akzeptieren möchten.
So bekommen 90 Prozent der Rentner weniger als 1.800 Euro brutto im Monat überwiesen, die Hälfte davon erhält sogar weniger als 1.050 Euro brutto. Wer also noch 10 oder 15 Jahre bis zum Rentenbeginn vor sich hat, ist gut beraten, die richtigen strategischen Weichen zu stellen – damit während des Ruhestands regelmäßige und nach menschlichem Ermessen sichere Erträge zur Aufbesserung der gesetzlichen Rente fließen. Hierzu ist die Geldanlage in verschiedenen Anlageklassen sinnvoll:
- Einlageprodukte.
Das sind Tagesgeld- und Festgeldkonten bei Banken und Sparkassen. Beide Anlageformen sind für die meisten Menschen, die Geld im Hinblick auf den späteren Ruhestand und während des Rentenalters anlegen, ein wichtiger Baustein. Denn die Erträge, also Zinsen, sind entsprechend dem Umfeld am Geldmarkt angemessen und fließen regelmäßig, deshalb kalkulierbar.
Überdies ist das angelegte Kapital aufgrund der Sicherungseinrichtungen des Staates sowie der Kreditbranche weitestgehend geschützt. Die Eröffnung eines Tages- oder Festgeldkontos ist denkbar einfach. Und es gibt weder eine offene noch eine versteckte Kostenbelastung für den Anleger. Das Tagesgeldkonto als ständig verfügbare Geldreserve und Festgeldkonten oder Sparbriefe sollten also einen gewissen Anteil des Vermögens ausmachen. - Festzinspapiere.
Auch Anleihen sind beim Vorsorgesparen und bei der Geldanlage im Ruhestand beliebt. Angehende und etablierte Ruheständler investieren beispielsweise in Schuldverschreibungen der Bundesrepublik Deutschland – aufgrund der höchsten Kreditwürdigkeit. Mögliche Nachteile: Die Zinsen werden nur einmal im Jahr überwiesen. Und um in den gefahrlosen Genuss dieser Investments zu kommen, muss der Anleger sein Festzinspapier bis zur Fälligkeit im Depot halten.
Wer zwischenzeitlich Geld benötigt und die Papiere deshalb verkaufen muss, verliert möglicherweise Geld. Anleihen sind nämlich in der Regel an der Börse notiert und unterliegen, abhängig vom Zinstrend an den Kapitalmärkten, teils deutlichen Kursschwankungen. Selbstverständlich sind mit Anleihen dementsprechend auch Gewinne möglich, jedoch ist das Risiko recht hoch. Getilgt werden sie bei Fälligkeit zum Nominalwert von 100 Prozent. Ein weiterer Nachteil: Kosten wie Ankauf- und Depotgebühren schmälern den Ertrag. - Aktien und Aktienfonds.
Börsennotierte Unternehmensbeteiligungen, nichts anderes sind Aktien, punkten langfristig durch gute Renditen. Wobei die Betonung tatsächlich auf „langfristig“ liegt. Das können durchaus zehn oder noch mehr Jahre sein. Wer also zu Beginn des Ruhestands sein gesamtes Vermögen in Aktien und Aktienfonds investiert hat und dann von einem Börsencrash erwischt wird, schaut gegebenenfalls in die Röhre.
Überdies verursachen Aktien- und Fondsinvestments Kosten. An- und Verkaufsgebühren, Depotgebühren und bei Fonds die Managementvergütung sowie bisweilen noch eine Vermittlerprovision: Insbesondere bei Fonds schmälern die Kosten den Ertrag also etwas. - Eigenheim und Mietimmobilie.
Oft sind Immobilien der mit Abstand wichtigste Baustein der eigenen Altersversorgung. Weshalb Wohnungen und Häuser am Gesamtvermögen einen vergleichsweise hohen prozentualen Anteil haben. Auf den ersten Blick plausibel. Denn beim Eigenheim ist die ersparte Miete ein oft ordentliches Zubrot zur Rente, bei Anlageimmobilien sind es die monatlichen Mieteinnahmen.
Aber: Ob Haus oder Wohnung – sobald die Immobilie in die Jahre gekommen ist, häufen sich Reparaturen, Modernisierungen, Renovierungen oder gar Sanierungen. Ganz zu schweigen von oft kostspieligen energetischen Maßnahmen. Da kehren sich die erhofften finanziellen Vorteile schnell in handfeste Nachteile um. Aus gutem Grund sagen viele ältere Menschen: Der Profi wohnt zur Miete und sorgt an anderer Stelle fürs Alter vor.
Währungen und Länder: über den Tellerrand.
My home is my castle – diesem Leitgedanken folgen die meisten Menschen auch bei der Geldanlage. Deshalb entfällt der mit Abstand größte Teil der Investments auf Deutschland sowie in der europäischen Einheitswährung Euro. Sinnvoll kann hier eine Diversifizierung auf andere Länder und fremde Währungen sein.
Infrage kommt diese Art der Streuung insbesondere für aktienaffine Investoren – mit Einschränkungen auch für Anleger, die bei ihrer Vermögensstrategie Festzinspapiere wie Staatsanleihen berücksichtigen. Grundsätzlich ist für Menschen, die dem Ruhestand entgegenfiebern, die Anreicherung der eigenen Vermögensstrategie etwa mithilfe globaler Aktienfonds oder Fremdwährungsanleihen durchaus sinnvoll.
Gleichwohl stellt sich die Frage, ob die Generation 50+ jene Verlustrisiken, die etwa aus Währungsverschiebungen gegenüber der Heimatwährung Euro und der an den Aktienmärkten bisweilen starke Schwankungsbreite resultieren, akzeptieren will. Denn falls Währungsverluste oder eine Baisse an den Aktienmärkten kurz vor Rentenbeginn eintreten, sind Einbußen gegebenenfalls schwer aufzuholen.
Dies bedeutet: Falls die eigene Vermögensstrategie durch Anleihen in fremden Währungen oder Aktien bzw. Aktienfonds ausgeweitet werden soll, so sollten insbesondere Anleger der Generation 50+ die Risiken kennen und mitbedenken und den Anteil der Anleihen entsprechend ausrichten. In guten Zeiten leisten dann diese Assets einen Renditebeitrag, in schlechteren Zeiten sind die Verluste – bezogen auf das Gesamtvermögen – nicht so gravierend, dass das komplette Portfolio aus den Angeln gehoben wird.
Branchenvielfalt für mehr Stabilität.
Auch diese Variante der Vermögensstreuung betrifft in der Hauptsache Anleger, die Aktien und Aktienfonds sowie Festzinspapiere aus dem Bereich der Corporate Bonds (Unternehmensanleihen) besitzen. So sind Anleger mit Aktien natürlich schlecht beraten, wenn sie ausschließlich die Anteilsscheine etwa von Energieversorgern im Portfolio haben. Denn gerät die gesamte Branche in Turbulenzen, würden die Aktien überproportional an Wert einbüßen.
Durch eine Verteilung des für Aktien vorgesehenen Kapitals auf eine gute Handvoll Branchen können Verluste auf der einen Seite durch Gewinne der Aktien aus anderen Branchen oft wettgemacht werden. Vergleichbares gilt für Unternehmensanleihen, bei denen die Schuldner möglichst ebenfalls aus unterschiedlichen Branchen stammen sollten.
Diversifikation kurz vor und im Ruhestand.
Keine Experimente – mit diesem Slogan zog die CDU in den Bundestagswahlkampf 1957. Bei der Wahl erzielten die Christdemokraten das bis heute höchste Ergebnis einer Partei bei einer Bundestagswahl. „Keine Experimente“ könnte auch das zutreffende Motto für die Geldanlage der Generation 50 + und erst recht der Ruheständler sein.
Da der Fokus für diese auf stetigen und nach menschlichem Ermessen sicheren Erträgen liegt, sollten Einlageprodukte wie Festgeld und Tagesgeld einen hohen Anteil am Gesamtvermögen haben. Aktien respektive Aktienfonds, ETFs und Festzinspapiere können beigemischt werden. Wie hoch der Anteil der jeweiligen Anlageklasse im Einzelfall ist, entscheiden die Risikobereitschaft, das familiäre Umfeld und die Lebensplanung für die noch verbleibenden Jahre. Wer sein Portfolio rechtzeitig ausbalanciert, stellt sicher, dass das Vermögen auch im Ruhestand verlässlich arbeitet.
Über den Autor.
Heinz-Josef Simons, Jahrgang 1956, arbeitet seit gut 30 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist, überdies seit rund zehn Jahren als Kommunikationsberater.
Nach seinem Magister-Abschluss an der RWTH Aachen in den Fächern Germanistik, Anglistik und Politische Wissenschaft waren die ersten beruflichen Stationen Mitte der 1980er Jahre der Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen (Pressesprecher) sowie bis Mitte der 1990er Jahre einer der größten deutschen Finanzvertriebe (Kommunikationschef und Redenschreiber).
Seit Mitte der 1990er Jahre arbeitet er frei. Geschrieben hat er unter anderem für Financial Times Deutschland, Börse Online, das frühere Verbrauchermagazin DM, GeldIdee, Impulse, Capital, Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel, Immobilien Manager und zahlreiche andere.